Update: Elektromobilität

Seitz Weckbach Fackler & Partner

Die Tatsache, dass Lademöglichkeiten zu Hause oder am Arbeitsplatz fehlen, hindert viele potentielle Nutzer daran, ein batteriebetriebenes Elektroauto anzuschaffen. Die einfache und möglichst jederzeit verfügbare Lademöglichkeit wird zu Recht als eine Grundvoraussetzung zur Nutzung von Elektroautos angesehen.

Während Hauseigentümer dieser Situation meist ohne größere Umstände abhelfen können, indem sie zum Beispiel in ihrer Garage oder im Carport eine Wallbox installieren, stehen Mieter und Wohnungseigentümer meist noch vor hohen und teils sogar unüberwindlichen Hürden. Mieter sind insoweit vom Willen und Verhalten ihres Vermieters abhängig, einen Anspruch auf Einrichtung von Lademöglichkeiten gibt es im Mietrecht bislang nicht. Nach aktueller Rechtslage benötigen Wohnungseigentümer für den Einbau von Ladeinfrastruktur an ihrem Sondereigentum einen einstimmigen Beschluss der Eigentümerversammlung. Grund dafür ist, dass in der Regel Leitungen durch das gemeinschaftliche Eigentum verlegt werden müssen.

Diese unbefriedigende Situation im WEG- und Mietrecht hat dazu geführt, dass die Justizminister der Länder im vergangenen Jahr den erheblichen Änderungsbedarf erkannt haben, um die Elektromobilität zu fördern. Im August 2019 wurde nun der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) veröffentlicht. Auf dieser Basis hat der Bundesrat am 11. Oktober 2019 den Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Wohnungseigentumsgesetzes zur Förderung der Elektromobilität“ verabschiedet (Bundesrats-Drucksache 347/19).

Wesentlicher Inhalt des Entwurfs ist folgender:

Situation bei Mietern:

Mieter sollen einen gesetzlichen Anspruch gegen den Vermieter bekommen, dass dieser den Einbau von Ladeinfrastruktur an Stellflächen erlaubt, die zur ausschließlichen Nutzung angemietet wurden. Der Vermieter kann die Erlaubnis nur ausnahmsweise verweigern, wenn er sich entweder gegenüber dem Mieter verpflichtet, ihm unverzüglich eine zumutbare Lademöglichkeit zu schaffen, oder sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache bzw. des Gebäudes überwiegt.

In der Entwurfsbegründung finden sich zwar Erläuterungen zum Erlaubnisverweigerungsrecht des Vermieters. Allerdings bleiben die wesentlichen Punkte unklar, zum Beispiel wann eine „zumutbare Lademöglichkeit“ vorliegt. Ferner fehlt in dem Gesetzesentwurf eine Regelung, wie die Kosten für den Einbau der Ladeinfrastruktur zwischen Mieter und Vermieter zu verteilen sind. Soweit ersichtlich, sind diese nach dem Entwurf grundsätzlich vom Mieter zu tragen. Dabei liegen mindestens zwei Probleme auf der Hand: Zum einen dürfte dies dazu führen, dass nur wenige Mieter von ihrem Anspruch auf Ladeinfrastruktur Gebrauch machen werden, da erhebliche Installationskosten entstehen können. Zum anderen stellt sich die Frage, wie in diesem Zusammenhang entstehende Wertsteigerungen an der Immobilie zwischen Mieter und Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auszugleichen sind. Das gleiche gilt für die Rückbaukosten.

Situation bei Wohnungseigentümern:

Im Hinblick auf Wohnungseigentümer sieht der Gesetzesentwurf vor, dass diese grundsätzlich einen Anspruch darauf haben sollen, an ihren Stellplätzen (Sondereigentum bzw. Sondernutzungsrecht) Ladeinfrastruktur einzurichten. Mit dem Einbau darf jedoch erst begonnen werden, wenn dies von der Eigentümergemeinschaft beschlossen wurde, dadurch die Wohnanlage nicht grundlegend umgestaltet werden muss und kein anderer Wohnungseigentümer unbillig beeinträchtigt wird.

Neu ist auch, dass eine einfache Stimmenmehrheit zur Beschlussfassung genügen soll.

Anders als bei den Änderungen im Mietrecht regelt der Entwurf hier, wie die Kosten zwischen den Wohnungseigentümern zu verteilen sind. Die Eigentümer sollen vom Grundsatz der Lastenverteilung nach Miteigentumsanteilen im Zusammenhang mit der Verteilung der Einbau- und Folgekosten durch Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit abweichen können.

Wohnungseigentümer, die dem Einbau nicht zugestimmt haben, sollen keine Einbau- und Folgekosten tragen müssen. Im Gegenzug können sie allerdings auch an den Vorteilen, die durch die beschlossenen Maßnahmen entstehen, nicht teilhaben. Wird zum Beispiel eine Erhöhung der Anschlussleistung mit dem Netzbetreiber vereinbart, an deren Kosten sich der Eigentümer nicht beteiligt, kann er nicht selbst eine Wallbox installieren und von der erhöhten Leistung profitieren.

Fazit:

Der Entwurf geht in die richtige Richtung und greift ein aus meiner Sicht ganz wichtiges Thema auf: Das Laden von batteriebetriebenen Elektroautos muss einfach und komfortabel zu Hause und/oder am Arbeitsplatz möglich sein. Solange solche Möglichkeiten nicht in großem Umfang bestehen, werden Elektroautos – leider – weiterhin eher ein Nischenprodukt bleiben.

 

Autor: Dr. Christian Knapp

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