Flexible Arbeitszeitmodelle sind längst mehr als nur ein Trend. Sie bieten Unternehmen die Möglichkeit, sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren, bringen gleichzeitig aber auch rechtliche, organisatorische und kulturelle Herausforderungen mit sich. In diesem Fachbeitrag beleuchtet Rechtsanwalt Algas Havolli die wichtigsten Arbeitszeitmodelle, stellt deren rechtlichen Rahmenbedingungen klar und erläutert Praxisempfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung.
Welche Arbeitszeitmodelle stehen zur Verfügung?
Von Gleitzeit über Vertrauensarbeitszeit bis hin zum Jobsharing oder der 4-Tage-Woche. Der Gestaltungsspielraum ist vielfältig:
- Gleitzeit: Im Rahmen der Gleitzeit werden in der Regel eine Kernarbeitszeit, während der alle Mitarbeiter anwesend sein müssen, sowie Gleitzeitphasen, in denen die Mitarbeiter ihr Arbeitsbeginn und -ende selbst bestimmen können, vereinbart. Dies ermöglicht es den Mitarbeitern, ihre Arbeitszeiten an persönliche oder familiäre Bedürfnisse anzupassen, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass zu bestimmten Zeiten genügend Personal zur Verfügung steht. Gleitzeit führt zu einer Reduzierung von Fehlzeiten bei gleichzeitig erhöhter Produktivität. Nachteile bestehen etwa in Koordinationsproblemen oder Servicezeitlücken.
- Vertrauensarbeitszeit bezeichnet ein Arbeitsmodell, bei dem die Angestellten eines Unternehmens ihre Arbeitszeiten in Eigenverantwortung planen. Dabei gibt der Arbeitgeber lediglich ein Arbeitsvolumen für einen bestimmten Zeitraum vor. Die Arbeitnehmer entscheiden dann selbstständig, zu welcher Zeit des Tages sie ihre Aufgaben erledigen. Außerdem kontrollieren sie eigenverantwortlich, dass sie ihre im Arbeitsvertrag vorgegebenen Stunden pro Monat erreichen. Vertrauensarbeitszeit bedeutet, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Einhaltung der täglichen Arbeitszeit zu kontrollieren, solange Arbeitsergebnisse stimmen. Vertrauensarbeitszeit stärkt die Selbstverantwortung der Mitarbeiter, verlangt jedoch ein hohes Maß an Vertrauen und Kommunikation.
- Jobsharing: Jobsharing ist ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem Zeit und Aufgaben einer Vollzeitstelle unter zwei oder mehr Arbeitnehmenden aufgeteilt werden. Normalerweise sind die betroffenen Arbeitnehmer als Teilzeitkräfte angestellt, da sie sich auch das Vollzeitgehalt teilen. Zudem koordinieren sie Arbeitszeiten, Zuständigkeiten und Aufgaben eigenverantwortlich untereinander. Die wichtigsten Varianten stellen das Job-Splitting, das Job-Pairing sowie das Top-Sharing dar. Hier profitieren Betriebe von gebündeltem Know-how und höherer Produktivität – allerdings bei höherem Abstimmungsaufwand und ggf. erhöhten Personalkosten.
- Die 4-Tage-Woche liegt im Trend. Ob mit voller Bezahlung bei reduzierter Arbeitszeit (100 % Lohn – 80 % Arbeitszeit –100 % Zielerreichung), komprimierter Vollzeitarbeit, die aktuell aufgrund des Arbeitszeitgesetzes rechtlich nicht umsetzbar ist, oder reduzierter Stundenzahl mit entsprechender Reduzierung des Gehalts – je nach Variante entstehen unterschiedliche rechtliche und organisatorische Anforderungen. Eine gesetzliche Anpassung der täglichen Höchstarbeitszeit ist dabei ein zentraler Diskussionspunkt, insbesondere bei der Vollzeitarbeit an vier Tagen. Unternehmen sollten frühzeitig klären, wie Produktivitätsziele und interne Abläufe unter den veränderten Bedingungen zuverlässig sichergestellt werden können.
Der rechtliche Rahmen
Die gesetzlichen Vorgaben – insbesondere das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Nachweisgesetz (NachwG) und das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) – setzen der Flexibilisierung klare Grenzen:
- Die tägliche Höchstarbeitszeit beträgt 8 Stunden und kann auf bis zu 10 Stunden bei entsprechendem Ausgleich erweitert werden (§ 3 ArbZG)
- Ruhezeiten und Pausenregelungen (§§ 4, 5 ArbZG)
- Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung (§ 16 Abs. 2 ArbZG, BAG-Beschluss vom 13.09.2022, 1 ABR 22/21)
- Regelungen des TzBfG (Diskriminierungs- und Benachteiligungsverbot §§ 4, 5 TzBfG, Kündigungsverbot § 11 TzBfG, Arbeitsplatzteilung § 13 TzBfG)
Zudem bestehen bei der Einführung neuer Arbeitszeitmodelle Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Hier sind Betriebsvereinbarungen zwingend erforderlich und Formstrengen unterworfen.
Umsetzung in der Praxis
Die Einführung flexibler Modelle bedarf klarer, transparenter Prozesse. Empfohlen werden:
- Schriftliche Regelungen, idealerweise zunächst befristet als Pilotprojekte
- Frühzeitige und strukturierte Einbindung des Betriebsrats
- Zieldefinitionen und messbare Kennzahlen zu Produktivität, Zufriedenheit und Fehlzeiten
- Kulturelle Begleitung: Offene Kommunikation, Feedbackformate und Beachtung individueller Belastungsgrenzen
Achtung bei Verstößen: Werden Nachweis- und Arbeitszeiterfassungspflichten sowie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes nicht eingehalten, drohen Bußgelder und rechtliche Auseinandersetzungen.
Fazit:
Flexible Arbeitszeitmodelle sind ein zentrales Instrument zur Stärkung von Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung. Ihre Einführung verlangt jedoch eine sorgfältige rechtliche und organisatorische Vorbereitung.
Gerne begleiten wir Sie bei der Umsetzung – sprechen Sie uns an!
Autor: RA Algas Havolli