Platzhalter

BSG: Neue Wendung im Verfahren um Samuel Kochs Unfall bei „Wetten, dass..?“

Hans-Peter Bernhard

Das Bundessozialgericht (BSG) hat im Fall des Schauspielers Samuel Koch eine überraschende Entscheidung getroffen. Der 2. Senat hob das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung zurück (Urt. v. 24.09.2025, Az. B 2 U 12/23 R).

Hintergrund

Am 4. Dezember 2010 verunglückte Samuel Koch bei einem Auftritt in der ZDF-Sendung „Wetten, dass..?“. Er wollte mit Sprungfedern im Salto über mehrere heranfahrende Pkw springen – beim vierten Fahrzeug, das von seinem Vater gesteuert wurde, stürzte er schwer und erlitt eine Querschnittslähmung.

Seit 2020 kämpft Koch um die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft sowie die Sozialgerichte in Mannheim und Stuttgart lehnten den Antrag ab. Begründung: Koch sei weder Beschäftigter noch „Wie-Beschäftigter“ im Sinne des § 2 SGB VII, sondern habe den Auftritt eigenverantwortlich organisiert und als selbstständiger Unternehmer gehandelt.

Entscheidung des BSG

Das BSG bestätigte zwar den Ausschluss eines Versicherungsschutzes als Beschäftigter oder Ehrenamtlicher, brachte jedoch eine bislang unbeachtete Norm ins Spiel: § 105 Abs. 2 SGB VII. Danach können auch nicht versicherte Unternehmer wie Versicherte behandelt werden, wenn sie durch eine im „Betrieb“ tätige Person geschädigt werden und zivilrechtliche Ansprüche aufgrund der Haftungsprivilegierung entfallen.

Das Gericht wies darauf hin, dass das Landessozialgericht hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen habe. Es müsse nun prüfen, ob Koch als Leiter seines Wett-Teams unternehmerähnlich tätig war und ob der Unfall durch ein Teammitglied – etwa seinen Vater als Fahrer – (mit-)verursacht wurde.

Rechtliche Bedeutung

Mit der Entscheidung öffnet das BSG die Tür für eine selten angewandte Vorschrift, die vor allem bei selbstständigen Tätigkeiten mit teamähnlicher Struktur relevant werden kann. Zugleich knüpft der Senat an die historische Idee des Versicherungsschutzes für „Artisten und Kunststückvorführende“ (§ 539 Abs. 1 Nr. 3 RVO) an.

Unsere Bewertung

Das Urteil schafft keine abschließende Entscheidung, erweitert aber den Blick auf den Kreis potenziell Versicherter. Es verdeutlicht, dass der Schutzbereich des Sozialversicherungsrechts auch außerhalb klassischer Beschäftigungsverhältnisse greifen kann – etwa, wenn selbstständig Tätige im Rahmen gemeinsamer Projekte durch Dritte geschädigt werden.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg wird nun klären müssen, ob Samuel Kochs Unfall letztlich als Arbeitsunfall anerkannt werden kann.

Autor: RA Hans-Peter Bernhard

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Swfp Mood 61

D&O-Versicherung: Unverzichtbarer Schutz für Geschäftsführer, Vorstände und leitende Organe

Führungskräfte – ob in Unternehmen oder gemeinnützigen Organisationen – tragen erhebliche Verantwortung und stehen unter scharfen Haftungsanforderungen. Pflichtverletzungen in der Geschäftsführung können schnell das Privatvermögen bedrohen. Die D&O-Versicherung schafft hier essenziellen Schutz und stärkt eine professionelle Corporate Governance.

DSC07567v

Schneller bauen, flexibler planen: Der Bau-Turbo ist in Kraft

Seit dem 30. Oktober 2025 gilt in Deutschland eine der umfassendsten bauplanungsrechtlichen Reformen der vergangenen Jahre. Mit dem sogenannten Bau-Turbo verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Wohnungsbau deutlich zu beschleunigen und Planungshindernisse abzubauen. Das Gesetzespaket verändert zentrale Regelungen des Baugesetzbuchs (BauGB) und eröffnet sowohl Kommunen als auch Bauherren neue Handlungsspielräume.

Team - Die Anwälte der Kanzlei Seitz Weckbach Fackler & Partner - Christian Ritter - Rechtsanwalt

Runde 1: GEMA gegen OpenAI – Der rechtliche Rahmen für KI und Musik in Deutschland

Zum Jahresende 2025 hat das Landgericht München I (Az. 42 O 14139/24) ein bemerkenswertes Urteil erlassen, das für alle Akteure der Kreativbranche ebenso wie für die Entwickler Künstlicher Intelligenz signalhaft ist. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob KI-Anbieter wie OpenAI urheberrechtlich geschützte Musikwerke, insbesondere Songtexte, ohne vorherige Lizenz für Trainingszwecke oder als Output ihres Systems verwenden dürfen. Das Urteil betrifft dabei die Liedtexte neun bekannter deutscher Urheberinnen und Urheber (darunter „Atemlos“ von Kristina Bach oder „Wie schön, dass du geboren bist“ von Rolf Zuckowski). Die Bedeutung der Entscheidung ist kaum zu unterschätzen – sie gibt erstmals klare Antworten auf viele in der Branche bislang offene Fragen und stößt damit eine notwendige Diskussion zum Verhältnis von Urheberrecht und KI-Technologie an.