Vertragsgestaltung bei Geschäftsführerverträgen

Dr. Christoph Knapp

Nachfolgend informieren wir Sie über zwei wichtige Entscheidungen, die für die Vertragsgestaltung beim GmbH-Geschäftsführerverträgen von besonderer Relevanz sind: Kopplungsklauseln bei variabler Geschäftsführervergütung und nachvertragliche Wettbewerbsverbote.

1. Variable Geschäftsführer-Vergütung und Abberufung

In einem Fall des OLG München klagte eine Geschäftsführerin nach ihrer Abberufung und Kündigung auf Zahlung einer variablen Vergütung, die laut Anstellungsvertrag an ihre Organstellung geknüpft ist.

Das OLG München (Urt. v. 3.5.2023 – 7 U 2865/21, NZA 2023, 1464) sieht die Kopplung der variablen Vergütung an die Organstellung als unangemessene Benachteiligung, weil dies dem Trennungsprinzip nach § 38 Abs. 1 GmbHG widerspreche. Hänge die variable Vergütung wie in diesem Fall von der Bestellung zum Geschäftsführer ab, habe die Abberufung direkte Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch und benachteilige den ehemaligen Geschäftsführer aufgrund des Verstoßes gegen das Trennungsprinzip unangemessen nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB.

Ob die Entscheidung des OLG München im Ergebnis zutreffend ist, darf bezweifelt werden. Das OLG München stützt sein Ergebnis auf den (angeblich) in § 38 Abs. 1 GmbHG enthaltenen Grundgedanken, wonach ein Geschäftsführer zwar jederzeit abberufen werden könne, eine solche Abberufung aber keinen Einfluss auf seinen Vergütungsanspruch hat. Richtig ist, dass sich ein Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer nach § 38 Abs. 1 GmbHG aufgrund des Trennungsprinzips nicht per se auf das Anstellungsverhältnis und die im Anstellungsvertrag niedergelegten Ansprüche auswirkt. Die Ansicht, die Abberufung dürfe sich aufgrund eines in § 38 Abs. 1 GmbHG enthaltenen „Grundgedankens“ nicht auf die Vergütungsansprüche des Geschäftsführers auswirken, ist indes zweifelhaft. Ein solcher Grundgedanke ist dem GmbHG nicht zu entnehmen. Nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 1 GmbHG lässt die Abberufung nur „Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen“ unberührt. Der Gesetzeswortlaut überlässt das Schicksal der Geschäftsführervergütung beim Widerruf der Bestellung also dem Inhalt des Anstellungsvertrages. Das LG Düsseldorf hatte deshalb im Jahr 2010 (Urt. v. 23.12.2010 – 15 O 276/10) festgestellt, dass die Koppelung der variablen Vergütung an die Organstellung keine unangemessene Benachteiligung von Geschäftsführern darstelle und daher zulässig sei.

Gleichwohl ist die aktuelle Entscheidung des OLG München bei der Gestaltung von Geschäftsführerverträgen natürlich zu berücksichtigen.  

2. Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer

In einem Fall des OLG Köln wurde eine Geschäftsführerin abberufen und forderte daraufhin Befreiung von einem im Anstellungsvertrag vereinbarten, nachvertraglichen Wettbewerbsverbot.

Das LG Köln (Urt. v. 9.2.2023 – 22 O 279/22), bestätigt durch das OLG Köln (Urt. v. 1.6.2023 – 18 U 29/23) entschied, dass das Wettbewerbsverbot nichtig ist, da es zu weit gefasst ist und die berufliche Tätigkeit der Klägerin unbillig einschränke. Vorliegend gehe das unternehmensbezogene Wettbewerbsverbot gegenständlich zu weit, da jegliche Tätigkeit der Klägerin in einem konkurrierenden Unternehmen ausgeschlossen wird, auch wenn kein Bezug zur vorangegangenen Tätigkeit besteht. Darüber hinaus sei auch das tätigkeitsbezogene Wettbewerbsverbot als unzulässig anzusehen, da es seinem Gegenstand nach auf die vollständige Ausschaltung des Wettbewerbs abzielt. Insofern verbiete die Klausel nämlich eine Tätigkeit der Klägerin selbst dann, wenn sie dort bspw. in einem Bereich tätig wäre, in dem das Konkurrenzunternehmen gar nicht konkurriert.

Nach den bei Geschäftsführern zumindest entsprechend anwendbaren §§ 74 ff. HGB sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur dann gültig, wenn sie berechtigte Interessen des Unternehmens schützen, ohne die berufliche Freiheit des Geschäftsführers unbillig zu beschränken. Die Gerichte lehnen auch eine teilweise Aufrechterhaltung des Verbots ab, da dies dem Schutz vor sittenwidrigen Vertragsbestimmungen entgegenstehe.

3. Fazit

Die genannten Entscheidungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Vertragsgestaltung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung. Während das OLG München die Anforderungen an die Kopplung der variablen Vergütung an die Organstellung präzisiert, stellt das OLG Köln klar, dass Wettbewerbsverbote nicht zu Lasten der Berufsfreiheit unverhältnismäßig sein dürfen. Beide Urteile zeigen, dass Geschäftsführerverträge und Wettbewerbsverbote in der Vertragspraxis einer sorgfältigen Vorbereitung bedürfen, um Rechtssicherheit für beide Parteien zu gewährleisten.


Für die gesellschaftsrechtliche und vertragsgestaltende Beratung steht Ihnen unser Unternehmensrechts-Team (RA Dr. Theodor Seitz, RA Urs Lepperdinger, RA Jochen Lang, RA Julius Weißenberg und RA Dr. Christoph Knapp) gerne zur Verfügung.

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