Ihre Ausbildung bei SWFP!

Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Machtmissbrauch des Vorgesetzten – LAG Köln stärkt Arbeitnehmerrechte

Seitz Weckbach Fackler & Partner

Urteil vom 09.07.2025 – 4 SLa 97/25

Das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden, dass das Arbeitsverhältnis auf den Antrag einer Arbeitnehmerin aufgelöst wird, da die Fortsetzung aufgrund von sexistischen, demütigenden und willkürlichen Äußerungen des Geschäftsführers unzumutbar war. Gleichzeitig sprach das Gericht eine außergewöhnlich hohe Abfindung in Höhe von 2,0 Bruttomonatsgehältern je Beschäftigungsjahr zu.

Der Fall

Die Klägerin war über vier Jahre und fünf Monate bei der Beklagten tätig. Ihr Vorgesetzter belästigte sie wiederholt durch sexistische und beleidigende Nachrichten. Nachdem sie seine Annäherungsversuche ablehnte, eskalierte die Situation: er forderte Geschenke zurück, sprach Drohungen aus und kündigte schließlich grundlos das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2024.

Die Entscheidung

Das LAG Köln stellte klar:

  • Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses war der Klägerin unzumutbar.
  • Sexistische, demütigende und willkürliche Äußerungen des Geschäftsführers stellen einen massiven Machtmissbrauch dar – unabhängig von einer vorhergehenden freundschaftlichen Beziehung
  • Ein zuvor gestellter Weiterbeschäftigungsantrag stand dem Auflösungsantrag nicht entgegen – der Weiterbeschäftigungsantrag stellt keine Erklärung dar, dass keine Auflösungsgründe bestehen
  • Eine „Entschuldigung“ des Geschäftsführers sei angesichts dessen nachfolgenden Verhaltens wirkungslos.

Abfindung und Zeugnis

Die zugesprochene Abfindung liegt deutlich über der üblichen „Regelabfindung“. Begründet wurde dies mit:

  • der groben Sozialwidrigkeit der Kündigung,
  • der erheblichen persönlichen Herabwürdigung,
  • den psychischen Belastungen bis hin zur posttraumatischen Belastungsstörung.

Darüber hinaus sprach das Gericht der Klägerin einen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu, nachdem die Beklagte dessen Erteilung unzulässig verzögert hatte.

Praxisrelevanz

Das Urteil zeigt, dass Gerichte in Fällen von Machtmissbrauch durch Vorgesetzte klare Grenzen ziehen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich erfolgreich auf Unzumutbarkeit berufen und in schweren Fällen eine deutlich erhöhte Abfindung durchsetzen. Arbeitgeber sind gut beraten, konsequent ein respektvolles Arbeitsumfeld sicherzustellen.

Ihr Ansprechpartner

Für Fragen rund um das Arbeitsrecht und den Schutz Ihrer Rechte im Arbeitsverhältnis steht Ihnen unsere Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.

Autorin: RAin Chiara Ludwig

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Swfp Mood 61

D&O-Versicherung: Unverzichtbarer Schutz für Geschäftsführer, Vorstände und leitende Organe

Führungskräfte – ob in Unternehmen oder gemeinnützigen Organisationen – tragen erhebliche Verantwortung und stehen unter scharfen Haftungsanforderungen. Pflichtverletzungen in der Geschäftsführung können schnell das Privatvermögen bedrohen. Die D&O-Versicherung schafft hier essenziellen Schutz und stärkt eine professionelle Corporate Governance.

DSC07567v

Schneller bauen, flexibler planen: Der Bau-Turbo ist in Kraft

Seit dem 30. Oktober 2025 gilt in Deutschland eine der umfassendsten bauplanungsrechtlichen Reformen der vergangenen Jahre. Mit dem sogenannten Bau-Turbo verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Wohnungsbau deutlich zu beschleunigen und Planungshindernisse abzubauen. Das Gesetzespaket verändert zentrale Regelungen des Baugesetzbuchs (BauGB) und eröffnet sowohl Kommunen als auch Bauherren neue Handlungsspielräume.

Team - Die Anwälte der Kanzlei Seitz Weckbach Fackler & Partner - Christian Ritter - Rechtsanwalt

Runde 1: GEMA gegen OpenAI – Der rechtliche Rahmen für KI und Musik in Deutschland

Zum Jahresende 2025 hat das Landgericht München I (Az. 42 O 14139/24) ein bemerkenswertes Urteil erlassen, das für alle Akteure der Kreativbranche ebenso wie für die Entwickler Künstlicher Intelligenz signalhaft ist. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob KI-Anbieter wie OpenAI urheberrechtlich geschützte Musikwerke, insbesondere Songtexte, ohne vorherige Lizenz für Trainingszwecke oder als Output ihres Systems verwenden dürfen. Das Urteil betrifft dabei die Liedtexte neun bekannter deutscher Urheberinnen und Urheber (darunter „Atemlos“ von Kristina Bach oder „Wie schön, dass du geboren bist“ von Rolf Zuckowski). Die Bedeutung der Entscheidung ist kaum zu unterschätzen – sie gibt erstmals klare Antworten auf viele in der Branche bislang offene Fragen und stößt damit eine notwendige Diskussion zum Verhältnis von Urheberrecht und KI-Technologie an.