Verlängerung der HV-Einberufungsfrist nun auch für Europäische Aktiengesellschaften (SE) und Europäische Genossenschaften (SCE)?

Seitz Weckbach Fackler & Partner

Am 29.04.2020 hat die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag veröffentlicht, nach dem Europäische Aktiengesellschaften (SE) und Europäische Genossenschaften (SCE) in diesem Jahr die Möglichkeit erhalten sollen, ihre ordentliche Haupt- bzw. Generalversammlung nicht – wie bislang – in den ersten sechs, sondern innerhalb von zwölf Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahrs bis spätestens 31.12.2020 durchzuführen.


Entsprechende Regelungen bestehen bereits für AG und KGaA

Mit dem „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ vom 27.03.2020 hatte der deutsche Gesetzgeber für Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) bereits die Möglichkeit eröffnet, die ordentliche HV innerhalb von zwölf Monaten (statt acht Monaten) nach Ablauf des Geschäftsjahrs abzuhalten. Eine entsprechende Erstreckung auch auf die SE war dem deutschen Gesetzgeber jedoch mangels Gesetzgebungskompetenz nicht möglich, da die Frist zur Abhaltung der ordentlichen SE-Hauptversammlung in der europäischen SE-VO geregelt ist (Art. 54 Abs. 1 SE-VO).

Verschiebung der HV der SE würde möglich

Für sämtliche in Deutschland ansässigen SE’s führte diese Situation bislang dazu, dass sie faktisch nur die Option hatten, eine virtuelle Hauptversammlung innerhalb des ersten Halbjahres abzuhalten und nicht – wie es das deutsche Gesetz für die AG vorsieht – eine Verschiebung der Hauptversammlung in Erwägung zu ziehen. In noch größerer Bedrängnis sind SE‘s, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr haben. Im Falle der Versäumung der Durchführungsfrist für die HV (§ 120 Abs. 1 Satz 1 und § 175 Abs. 1 Satz 2 AktG) ist zwar u.a. die Festsetzung von Zwangsgeld oder eine Pflichtverletzung von Vorstand und Aufsichtsrat mit möglichen Schadensersatzpflichten denkbar. Im Regelfall gibt es aber in der Praxis keine nachteiligen Folgen. Angesichts der Corona-Pandemie ist darüber hinaus ein Verschulden der Organe kaum denkbar.

Der VO-Vorschlag der EU-Kommission zur Fristverlängerung ist überfällig und zu begrüßen, um den Unternehmen weitere Handlungsoptionen zur HV-Durchführung zu geben. Wir erwarten ein zeitnahes Inkrafttreten der VO.


Autor: Dr. Christoph Knapp

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