Sozialrechtliche Fragen in der Coronavirus-Krise (Kurzarbeitergeld)

Seitz Weckbach Fackler & Partner

Nachfolgend möchten wir Ihnen eine kurzen Überblick über die Erleichterungen in Bezug auf das Kurzarbeitergeld geben.

Firmen bekommen ab sofort leichter Kurzarbeitergeld

Bundestag und Bundesrat haben im Schnellverfahren den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum erleichterten Zugang von Kurzarbeitergeld verabschiedet. Das Gesetz ist am 15.03.2020 in Kraft getreten. Die Umsetzung der erleichterten Inanspruchnahme bedarf noch des Erlasses einer Rechtsverordnung durch das BMAS.

https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/kurzarbeitergeld-wird-erleichtert.html

Wenn Betriebe aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses die Arbeitszeit im Unternehmen ganz oder teilweise vorübergehend verringern und Kurzarbeit anzeigen, zahlt die Agentur für Arbeit bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Kurzarbeitergeld. Hauptzweck des Kurzarbeitergeldes ist es, bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ermöglichen und Entlassungen zu vermeiden.

Wesentliche Voraussetzungen sind u.a., dass

  • in einem Betrieb ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, Dies bedeutet, dass Kurzarbeit mit Teilen oder der ganzen Belegschaft vereinbart wird (bei Bestehen eines Betriebsrates durch Betriebsvereinbarung, anderenfalls durch individuelle Vereinbarung mit dem jeweiligen Mitarbeiter),
  • der Arbeitsausfall der zuständigen Agentur für Arbeit vom Betrieb oder der Betriebsvertretung unverzüglich (je nach tariflicher Regelung ggf. auch bereits vor Beginn der Kurzarbeit) schriftlich angezeigt wird.

Die Voraussetzungen für einen erheblichen Arbeitsausfall sind erfüllt, wenn

  • er auf wirtschaftlichen Gründen, insbesondere einer schlechten Konjunkturlage oder einem unabwendbaren Ereignis (darunter fällt die aktuelle Corona-Situation) beruht,
  • er vorübergehend ist,
  • er nicht vermeidbar ist und
  • in dem betroffenen Betrieb im Anspruchszeitraum (Kalendermonat) mindestens 10 % (anstatt bislang ein Drittel) der Beschäftigten wegen des Arbeitsausfalls ein um mehr
  • als 10 % vermindertes Entgelt erzielt.


Als vermeidbar gilt z.B. ein Arbeitsausfall, der

  • überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht,
  • durch bezahlten Erholungsurlaub verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen oder
  • durch Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen vermieden werden kann.

Dies bedeutet, dass Überstunden und Alt-Urlaub in der Regel vorab abgebaut werden müssen. Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll jedoch nach dem Vorschlag der Bundesregierung in der Begründung zum Gesetzentwurf vollständig oder teilweise verzichtet werden können.

Förderdauer

Die gesetzliche Bezugsdauer beträgt 12 Monate. Sie kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Förderhöhe

Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall. Die Kurzarbeitenden erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts.

Antragstellung

Kurzarbeitergeld wird auf Antrag des Arbeitgebers oder der Betriebsvertretung gezahlt. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten bei der zuständigen Agentur für Arbeit einzureichen. Zuständig ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt.

Hinweise zum Verfahren

Der Arbeitsausfall muss gemäß § 99 SGB II der am Betriebssitz örtlich zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich oder elektronisch angezeigt werden.

Weitere Informationen zu Voraussetzungen, Verfahren und dem Link zur online-Antragstellung finden Sie unter https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-arbeitgeber-unternehmen und https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld

 

Autor: Hans-Peter Bernhard


Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Bundesarbeitsgericht bestätigt: Kein nachträgliches Arbeitnehmerbeteilungsverfahren bei einer Vorrats-SE

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in drei Grundsatzbeschlüssen vom 26.11.2024 (Az. 1 ABR 37/20, 1 ABR 3/23 und 1 ABR 6/23) entschieden, dass bei einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) kein Verfahren zur Arbeitnehmerbeteiligung nachgeholt werden muss, wenn dieses bei der Gründung unterblieben war. Die Entscheidung bestätigt die höchstrichterliche Rechtsprechung des EuGH und hat weitreichende Folgen für die Unternehmenspraxis.

Commercial Courts – Neue Chancen für den Justizstandort Deutschland

Seit dem 1. April 2025 ist das „Gesetz zur Stärkung des Justizstandorts Deutschland“ in Kraft. Damit soll dem Trend entgegengewirkt werden, wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten zunehmend ins Ausland oder in Schiedsverfahren zu verlagern. Mit der Einführung von Commercial Courts und Commercial Chambers bietet Deutschland nun ein spezialisiertes, attraktives Forum für komplexe Unternehmensstreitigkeiten – auch vollständig auf Englisch.

Vorstandshaftung, Verbotsirrtum und anwaltlicher Rechtsrat – Wer sich auf spezialisierte anwaltliche Beratung stützt, kann im Fall regulatorischer Unsicherheit haftungsfrei bleiben

Unternehmerische Entscheidungen werden zunehmend durch ein Dickicht von Regularien begleitet. Besonders in Sektoren wie Finanzdienstleistungen, IT, Compliance oder ESG ist rechtliche Unsicherheit oft systemimmanent – Gesetze sind unklar, Verwaltungspraxis uneinheitlich, Rechtsfortbildung dynamisch.

Vorstände und Geschäftsführer sehen sich in diesen Konstellationen mit erheblichen zivil- und strafrechtlichen Risiken konfrontiert. Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. März 2025 (III ZR 261/23) bietet nun wichtige Klarheit: Frühzeitig eingeholter, qualifizierter anwaltlicher Rechtsrat kann im Falle eines Verbotsirrtums strafrechtlich entlasten – selbst dann, wenn sich die rechtliche Bewertung später als (objektiv) unzutreffend herausstellt.

 

Close menu