Die Maschinenverordnung verfolgt das Ziel einer weiteren Harmonisierung und Aktualisierung der Vorgaben zur Produktsicherheit in der EU. Neu auftretenden Risiken und Herausforderungen, die neue Technologien für Maschinenprodukte mit sich bringen, soll damit Rechnung getragen und sichergestellt werden, dass diese sicher betrieben werden können.
Alle Unternehmen, die Maschinen herstellen, in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, müssen die Vorgaben der neuen Verordnung innerhalb der Übergangsfrist von dreieinhalb Jahren umsetzen, um weiterhin aktiv am Markt agieren zu können.
I. Wesentliche Neuerungen
Die neue Maschinenverordnung bringt zahlreiche Detailänderungen mit sich. Die wesentlichen Änderungen und Folgen für Unternehmen sind Folgende:
1. Zwingende Einbindung von notifizierten Stellen
Zukünftig muss bei der Konformitätsbewertung zur CE-Kennzeichnung für in Anhang I Abschnitt A gelistete Maschinen eine sog. notifizierte Stelle involviert werden.
Folge: Durch die zwingende Einbindung von notifizierten Stellen entstehen für diese Maschinen höhere Kosten bei der Konformitätsbewertung.
2. Maschinen mit hohem Risikopotenzial
Aktuell werden Maschinen mit hohem Risikopotenzial noch in Anhang IV der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG gelistet. Eine Maschine birgt hohes Risikopotenzial, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Designs und ihres Verwendungszwecks ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellt. Zukünftig wird diese Liste, welche sich in Anhang I der neuen Maschinenverordnung wiederfindet, erweitert und stetig angepasst werden. Jene Anpassungen werden dann über einen delegierten Rechtsakt der EU-Kommission vorgenommen.
Folge: Hersteller müssen damit rechnen, dass die Liste der Maschinen mit hohem Risikopotenzial künftig dynamisch angepasst wird und Maschinen kurzfristig auf die Liste in Anhang I gelangen.
3. Begriffsdefinitionen und Pflichtenkataloge
Die Begriffsdefinitionen und Pflichtenkataloge für die Wirtschaftsakteure (Hersteller, Einführer, Händler und Bevollmächtigte) werden neu gefasst und an den aktuellen europäischen Rechtsstand angepasst.
Folge: Neben der Einführung einer ausdrücklich geregelten Meldepflicht des Herstellers für Maschinen, von denen im Feld Risiken ausgehen, und neuer Pflichten für Händler, sorgt die Anpassung an den aktuellen Rechtsstand auch für mehr Rechtssicherheit für die Industrie.
4. Künstliche Intelligenz (KI) und Cybersicherheit
Die Maschinenverordnung bringt neue Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen an Künstliche Intelligenz (KI) und Cybersicherheit mit sich. (Teil-)autonome Steuerungssysteme müssen so konstruiert sein, dass sie (i) keine Handlungen, die über den definierten Aufgaben- und Bewegungsraum hinausgehen, durchführen und (ii) es jederzeit möglich ist die Maschine zu korrigieren, um ihre inhärente Sicherheit aufrechtzuerhalten (vgl. Anhang III 1.2.1. des Entwurfs).
Setzt die Maschine sicherheitsrelevante KI ein, unterfällt sie den (potentiell gefährlichen) Maschinen in Anhang I. Der Entwurf spricht von „Maschinen, die über eingebettete Systeme mit vollständiger oder teilweise selbstentwickeltem Verhalten unter Verwendung von Ansätzen des maschinellen Lernens verfügen, die Sicherheitsfunktionen gewährleisten, die nicht gesondert in Verkehr gebracht wurden“. Entsprechendes gilt für Sicherheitsbauteile.
Folge: Es mit steigenden Kosten im Rahmen der Konformitätsbewertung zu rechnen, weil entsprechende Maschinen unter Anhang I fallen (Einbindung einer notifizierten Stelle).
5. Zulassung der digitalen Betriebsanleitung
Digitale Betriebsanleitungen (und damit der Verzicht auf Papier) sind zukünftig grundsätzlich erlaubt. Nunmehr können Nutzer nur noch zum Zeitpunkt des Kaufs eine Betriebsanleitung in Papierform verlangen. Ausnahmen gelten für Sicherheitsinformationen für nichtprofessionelle Nutzer.
Folge: Es ist zu hoffen, dass künftig weniger Bäume gefällt werden und weniger Geld für Papier ausgegeben wird, ohne dass die Produktsicherheit leidet.
II. Ausblick
Ab dem 19. Juli 2023 gilt die neue Maschinenverordnung (EU) 2023/1230, die nach einer Übergangsfrist von dreieinhalb Jahren verbindlich umgesetzt werden muss. Für Maschinen könnten bis dahin auch schon die neuen Vorgaben der europäischen KI-Verordnung relevant sein. Die Wirtschaftsakteure müssen sich auf die weitere Entwicklung einstellen und sich mit den zahlreichen Änderungen befassen. Das betrifft vor allem die erweiterten Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie die neuen Pflichten für Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer und Händler. Unternehmen müssen ihr Product Compliance Management frühzeitig an die neuen Regelungen anpassen.
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