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M&A nach Corona: Wird alles anders?

Seitz Weckbach Fackler & Partner

Die aktuelle Corona-Pandemie hat einen erheblichen Einfluss auf M&A-Transaktionen. Nach zwei Monaten praktischer Lähmung ist davon auszugehen, dass die Krise u.a. die Digitalisierung der deutschen und europäischen Wirtschaft massiv vorantrieben wird. In diesem Zuge ist auf der einen Seite eine erhöhte M&A-Aktivität gerade im Technologie- und IT-Sektor zu erwarten. Auf der anderen Seite wird es in vielen Branchen zu einer Konsolidierung kommen und Distressed-M&A Transaktionen werden wohl ebenfalls zunehmen.

In allen Fällen werden die Erfahrungen der Krise die Verhandlungsmethoden als auch die M&A-Vertragsgestaltung beeinflussen.

Zur Risiko-Minimierung ist den M&A-Parteien in diesen bewegten Zeiten zu empfehlen, die geplante Transaktion besser denn je vorzubereiten, insbesondere auch im Rahmen einer Due Diligence, und dafür zu sorgen, dass die vertraglichen Vereinbarungen in Share Purchase Agreement (SPA) bzw. im Asset Purchase Agreement (APA) der veränderten Situation Rechnung tragen.

Verkäufer werden z.B. mehr denn je auf einen festen Kaufpreis drängen. Käufer werden vor allem einen besonderen Schutz vor versteckten Risiken bei Share Deals und dem Risiko einer Rückforderung von Vermögenswerten durch Insolvenzverwalter bei Asset Deals verlangen.

Zu erwarten ist, dass der bislang häufig vereinbarte Locked Box Mechanimus, d.h. ein fester Kaufpreis auf Basis der letzten Bilanz ohne spätere Anpassungen, künftig weniger Verwendung finden wird. Die Locked Box bevorzugt im Regelfall den Verkäufer, weil die wirtschaftlichen Entwicklungen nach dem zugrundeliegenden Bilanzstichtag beim Kaufpreis nicht mehr berücksichtigt werden.

Künftig wird es nach unserer Einschätzung dagegen mehr Verhandlungen über Kaufpreisanpassungen und Earn-Out-Mechanismen geben, um eine angemessene Verteilung des mit dem Verkauf oder Kauf eines Unternehmens verbundenen wirtschaftlichen Risikos zu erreichen.

Mit dem Kaufpreis-Mechanismus der sog. Closing-Accounts vereinbaren die Vertragsparteien zunächst einen Basiskaufpreis, der auf Grundlage vorläufiger Zahlen auf Basis Cash-/Debt-Free und Working Capital festgelegt wird. Nach dem Closing wird dabei eine Bilanz zum wirtschaftlichen Stichtag der Transaktion (regelmäßig der Closing-Tag), die sog. Closing-Accounts, erstellt und der endgültige Kaufpreis ermittelt. Es handelt sich also um einen Mechanismus zur Bestimmung eines Kaufpreises, der in der Lage ist, die wirtschaftlichen Entwicklungen zwischen Signing und Closing widerzuspiegeln.

Ein weiterer Mechanismus zur Vermeidung eines festen Kaufpreises und damit eines einseitigen Risikos zulasten des Käufers sind Earn-Out-Klauseln. Mit solchen Earn-out-Klauseln wird der Kaufpreis in einen festen und einen variablen, erfolgsabhängigen Anteil aufgeteilt. Die Auszahlung des variablen Anteils erfolgt regelmäßig über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren nach Closing und seine Höhe kann z.B. in Abhängigkeit von der zukünftigen Ertragsentwicklung oder auch von bestimmten anderen, im Kaufvertrag festgelegten Voraussetzungen gestaltet werden. Earn-out-Klauseln sind streitanfällig und gerade für den Verkäufer riskant. Sie sollten daher im Detail verhandelt und sorgfältig im Vertrag geregelt werden.

Zu erwarten ist auch, dass Käufer nach der Erfahrung mit der Corona-Krise verstärkt Klauseln über die Folgen „wesentlicher nachteiliger Veränderungen“, sog. Material Adverse Change (MAC) Klauseln verlangen werden. Sie räumen dem Käufer ein Rücktrittsrecht für den Fall einer wesentlichen und substanziellen Verschlechterung der Vermögenswerte des Zielunternehmens oder seiner finanziellen Situation zwischen Signing und Closing ein. Solche MAC-Klauseln sind in Deutschland bislang eher unüblich gewesen, dürften künftig aber verstärkt Gegenstand von Vertragsverhandlungen werden.

Im Falle von Distressed-M&A Transaktionen, also dem Verkauf von Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlichen Krise bzw. im Vorfeld einer Insolvenz befinden, stellen sich gerade für den Käufer weitere Risiken. Hier werden häufig Asset Deals vereinbart, wobei der Käufer besonders auch das Risiko der späteren Insolvenz des Verkäufers berücksichtigen muss. Hier sind besondere vertragliche Gestaltungen geboten, um dem Risiko einer späteren Anfechtung der Transaktion und der Rückforderung des Kaufgegenstands durch den Insolvenzverwalter zu begegnen.  

Für die Begleitung Ihrer M&A-Projekte steht unser Unternehmensrechts-Team (RA Dr. Theodor Seitz, RA Urs Lepperdinger, RA Dr. Christoph Knapp) gerne zur Verfügung.

 

Autor: Dr. Christian Knapp

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