Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hat im April 2018 entschieden, dass die derzeit noch geltenden Regelungen zur sog. Einheitsbewertung von Grundvermögen, die für die Bemessung der gemeindlichen Grundsteuer herangezogen werden, auf Grund ihrer Realitätsferne gegen das Gleichheitsgebot verstoßen. Der Gesetzgeber wurde daher verpflichtet, bis Ende 2019 eine Neuregelung zu treffen, die dann spätestens Anfang 2025 in Funktion gesetzt sein muss; bis dahin (Ende 2024) dürfen die jetzt beanstandeten Normen noch weiter angewendet werden.
Der Aufgabe, ein neues Grundsteuergesetz zu erlassen, ist der Bundesgesetzgeber Ende 2019 nachgekommen. Aufgrund von Interventionen der Länder, namentlich des Freistaats Bayern, enthält das Bundesgesetz allerdings eine Öffnungsklausel für landeseigene Regelungen. Dies eröffnet den Ländern die Möglichkeit, vom Bundesmodell, das
aufwendige Berechnungen zu den Grundstückswerten voraussetzt, abzuweichen und eigene Regelungskonzepte für die Grundsteuer im jeweiligen Bundesland umzusetzen. Von dieser Öffnungsklausel hat eine ganze Reihe von Ländern Gebrauch gemacht. So hat nun auch der Freistaat Bayern am 23. November ein eigenes Grundsteuergesetz verabschiedet, das entsprechend den oben referierten Vorgaben ab 2025 in Funktion tritt. Kerninhalt dieses Gesetzes ist es, dass die Grundsteuer im Freistaat im Wesentlichen allein anhand der Fläche des Grundstücks und der aufstehenden Gebäude sowie deren Nutzung berechnet wird, also nach relativ einfach zu ermittelnden Besteuerungsgrundlagen. Eine (wenn auch vergleichsweise einfache) Steuererklärung wird trotzdem erforderlich sein. Dem Vernehmen nach wird die Informationskampagne für das Bayerische Grundsteuergesetz im ersten Halbjahr 2022 anlaufen.
Die Ergebnisse dieser Datenerhebung müssen dann auch von den hebeberechtigten Gemeinden weiterverarbeitet werden. Nachdem die Neuregelung der Grundsteuer im Ergebnis aufkommensneutral sein soll, wird es in gewissem Umfang „Gewinner“ und „Verlierer“ bei der Neuverteilung der Grundsteuerbelastungen innerhalb eines jeden Gemeindegebiets geben (müssen). Der Augsburger Finanzreferent wurde hierzu in der Presse mit der Äußerung zitiert, dass es erste Berechnungsergebnisse dazu aber frühestens Ende 2023 geben werde.
Unabhängig von den Verschiebungen der Steuerlast zwischen den Steuerpflichtigen innerhalb einer Gemeinde kann aber festgehalten werden, dass das Bayerische Gesetz mit seinem Flächenmaßstab gegenüber dem wertbasierten Bundesgesetz wohl einen Gewinn für alle Grundstückseigentümer im Freistaat darstellt, weil durch die Abkoppelung
vom Grundstückswert als Steuermaßstab insbesondere auch eine „kalte Progression“ – also faktische Steuererhöhungen ohne Gesetzesänderung – vermieden wird. Nachdem die Grundsteuer im Rahmen der allermeisten Mietverhältnisse auf die Mieter umgelegt wird, dürfte dies zugleich auch ein klarer Gewinn für Wohnraum- und Gewerbemieter sein.