Am 23.06.2021 ist das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland in Kraft getreten ist. Ziel des Gesetzes ist es, die Kommunen bei der Aktivierung von Bauland und der Sicherung bezahlbaren Wohnens zu unterstützen und damit dem gesellschaftlichen Problem des Wohnraummangels entgegenzuwirken. Das Gesetz sieht Änderungen des Baugesetzbuches und der Baunutzungsverordnung vor und beruht unter anderem auf Empfehlungen der Expertenkommission "Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik (Baulandkommission)".
Im Folgenden werden die wesentlichen Inhalte des Gesetzes überblicksartig dargestellt:
1. Verordnungsermächtigung
Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz wurden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung – befristet bis zum 31.12.2026 – Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu bestimmen. Erst der Erlass einer solchen Verordnung eröffnet die Möglichkeit, von den durch das Baulandmobilisierungsgesetz geschaffenen Instrumenten in der gesamten Bandbreite Gebrauch zu machen.
2. Sektoraler Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung
Mit einem neuen Bebauungsplantyp erhalten die Gemeinden ein neues Planungsinstrument an die Hand. So wird den Gemeinden – zeitlich befristet bis zum 31.12.2026 – der Erlass eines sogenannten „Sektoralen Bebauungsplans“ gestattet, dessen Festsetzungsmöglichkeiten thematisch insbesondere auf den sozialen Wohnungsbau abzielen.
Konkret kann für in Zusammenhang bebaute Ortsteile folgendes festgesetzt werden:
3. Ausweitung kommunaler Vorkaufsrechte
Ein weiterer wesentlicher Regelungsinhalt des Gesetzes ist die Erweiterung der kommunalen Vorkaufsrechte, um Flächen für den Wohnungsbau einfacher mobilisieren zu können.
Zunächst wurde zur Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts durch das Baulandmobilisierungsgesetz klargestellt, dass auch die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde zu den Gründen des Wohls der Allgemeinheit gehört, die die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen können. Überdies wird das bereits gesetzlich geregelte Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken dahingehend erweitert, dass als unbebaut auch solche Grundstücke gelten sollen, die lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut sind. Gänzlich neu in das Baugesetzbuch aufgenommen wurde ein Vorkaufsrecht, welches den Fall umfasst, dass auf einem zu veräußernden Grundstück ein Missstand besteht und das Grundstück dadurch negative Auswirkungen auf sein Umfeld verursacht (sog. „Schrottimmobilien“).
Zudem wurden die Satzungsvorkaufsrechte dadurch ergänzt, dass ein Vorkaufsrecht – unter bestimmten Voraussetzungen – durch Satzung begründet werden kann, wenn es sich bei dem betreffenden Bereich um ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt (vgl. Ziffer 1) handelt.
4. Erweiterung der Befreiungsmöglichkeiten
Mit der Einführung eines neuen Befreiungstatbestandes wurden zudem die Befreiungsmöglichkeiten von den Festsetzungen eines Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus erweitert. Sofern ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt (vgl. Ziffer 1) vorliegt, können im Einzelfall – mit Zustimmung der Gemeinde und auch wenn dadurch die Grundzüge der Planung berührt werden – Befreiungen möglich sein, wenn diese unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind.
5. Abweichung vom Einfügungsgebot
Weiter wurde für den unbeplanten Innenbereich ein Abweichen vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung in Bezug auf den Wohnungsbau erleichtert.
6. Wohnraumaktivierung im Außenbereich
Hinsichtlich Bauvorhaben im Außenbereich wurden die Umnutzungsmöglichkeiten von Gebäuden im Außenbereich erweitert. Dabei wird das Entstehen von fünf – statt wie bisher drei – Wohnungen bei Umnutzung eines landwirtschaftlichen Gebäudes ermöglicht.
7. Erweiterung des Anwendungsbereichs des Baugebots
Um Baulücken und ungenutzte Grundstücke leichter schließen zu können, wurde mit dem Baulandmobilisierungsgesetz das Baugebot in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt (vgl. Ziffer 1) erweitert.
Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann die Gemeinde dabei – unter bestimmten Voraussetzungen – einen Eigentümer mittels Bescheides verpflichten, sein Grundstück mit Wohneinheiten zu bebauen, wenn im Bebauungsplan Wohnnutzung zugelassen ist. Gleichzeitig wird jedoch das Verfügungsrecht zugunsten des engsten
Familienkreises gewahrt.
Für den Fall, dass einem Eigentümer eine Bebauung subjektiv wirtschaftlich unmöglich ist, wird der Gemeinde die Möglichkeit eröffnet, ein Grundstück zu Gunsten einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu übernehmen, wenn diese in der Lage ist, die Baumaßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist durchzuführen, und sich hierzu
vertraglich verpflichtet.
8. Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
Im Übrigen wurden die Möglichkeiten, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln reduziert. Danach bedarf die Begründung oder Teilung von Wohnungs- oder Teileigentum grundsätzlich der behördlichen Genehmigung, wenn die Landesregierung durch Rechtsverordnung für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt (vgl. Ziffer 1) einen entsprechenden Genehmigungsvorbehalt eingeführt hat.
9. Dörfliches Wohngebiet
Mit der Einführung des Dörflichen Wohngebiets wurde zudem der Katalog der verschiedenen Baugebiete erweitert. Dörfliche Wohngebiete sollen dem Wohnen und der Unterbringung von land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen und nicht wesentlich störenden Gewerbebetreiben dienen und damit dem Strukturwandel in der
Landwirtschaft Rechnung tragen.
Fazit
Das Baulandmobilisierungsgesetz sieht einige Regelungen vor, die in der Praxis einen Beitrag zur Wohnbaulandmobilisierung bzw. zur Sicherung bezahlbaren Wohnens leisten können. Es bleibt abzuwarten, ob und wann das Gesetz in der Praxis seine beabsichtigte Wirkung entfaltet; dies hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Landesregierungen entsprechende Verordnungen nach Ziffer 1 erlassen. Aufgrund der teilweise intensiven Eingriffe in die private Handlungsfreiheit und in das Eigentum dürften wohl auch bald die Gerichte mit den Neuregelungen befasst sein.
Autor: Yvonne Dippold