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Zwei neue Energieeinspar-Verordnungen – zusätzliche Pflichten und Belastungen für Gebäudeeigentümer und Unternehmen

Zur Sicherstellung der Gasversorgungssicherheit in Deutschland hat die Bundesregierung vor wenigen Tagen zwei Verordnungen für kurz- und mittelfristige Maßnahmen zur Gaseinsparung erlassen mit den sperrigen Namen „Kurzfristenergieversorgungs¬¬sicherungs-maßnahmen¬verordnung – EnSikuMaV“ und „Mittelfristenergie¬versorgungssicherungs-maßnahmenverordnung – EnSimiMaV“. Beide Verordnungen basieren auf dem Energiesicherungsgesetz (§ 30 EnSiG) und richten sich in erster Linie an Gebäudeeigentümer, gasverbrauchende Unternehmen sowie den Einzelhandel, Sie sehen verbindliche Energieeinsparmaßnahmen vor.

Mit den beiden Energieeinspar-Verordnungen treten in Kürze zwei Verordnungen in Kraft, die zu einer Vielzahl von Handlungspflichten und finanziellen Belastungen für Gebäudeeigentümer und Unternehmen führen werden. Die Bundesregierung verspricht sich eine jährliche Einsparung von knapp 20 TWh Gas, was ca. 2 % des gesamten Gasverbrauchs in Deutschland entspricht.

Neben Informations- und Prüfpflichten sollten Unternehmen insbesondere die Umsetzungspflicht für Energieeffizienzmaßnahmen beachten. Dabei gilt eine sehr knapp bemessene Umsetzungsfrist von nur 18 Monaten. Unternehmen ist daher zu empfehlen frühzeitig prüfen, ob die entsprechenden Pflichten für sie gelten. Eine Zuwiderhandlung gegen die Ge- und Verbote aus den Verordnungen kann als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen oder in Extremfällen sogar als Straftat sanktioniert werden.

I. Kurzfristige Einsparmaßnahmen („EnSikuMaV“)

Die „Kurzfristenergieversorgungssicherungs­maßnahmenverordnung“ enthält Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich für einen Zeitraum von sechs Monaten während der Heizperiode im Winter 2022/2023. Sie soll zum 1. September 2022 in Kraft treten und befristet bis zum 28. Februar 2023 gelten. Das vorgesehene Maßnahmenpaket betrifft sowohl private Haushalte als auch öffentliche (Nichtwohn-)Gebäude und Unternehmen.

1. Privathaushalte

Derzeit gibt es in einigen Mietverträgen Klauseln, die eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen vorsehen. Das heißt, wenn die Mieterinnen und Mieter weniger heizen wollen, verstoßen sie gegen ihre Mietverträge. Deshalb werden diese vertraglichen Verpflichtungen für die Geltungsdauer der VO vorübergehend ausgesetzt, so dass Mieterinnen und Mieter, die Energie einsparen und die Heizung herunterdrehen wollen, dies auch tun dürfen. Eine Schädigung von Gebäuden soll in der Regel durch entsprechendes Lüftungsverhalten verhindert werden.

In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten ist die Beheizung von privaten, innen- oder außenliegenden Schwimm- und Badebecken einschließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz untersagt, Eine Ausnahme gibt es für therapeutische Anwendungen. Gewerblich genutzte Pools sind davon nicht betroffen.

2. Öffentliche Gebäude

Eine Reihe von Maßnahmen der Verordnung betreffen insbesondere öffentliche Gebäude, d.h. insbesondere öffentliche Verwaltungsgebäuden der Kommunen, Bundesländer und des Bundes. Für die Nutzung solcher öffentlichen Gebäude sieht die Verordnung insbesondere vor:

  • Verbot der Beheizung von Gemeinschaftsflächen,
  • Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen,
  • Nutzungsuntersagung von Trinkwassererwärmungsanlagen in öffentlichen Nichtwohngebäuden, sowie ein
  • Verbot der Außenbeleuchtung, auch für Denkmäler

Um der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand beim Gassparen Rechnung zu tragen, darf in öffentlichen Nichtwohngebäuden eine Lufttemperaturhöchstgrenze von vorübergehend 19 Grad Celsius in Büros nicht überschritten werden. Die bisher empfohlene Mindesttemperatur liegt für Büros bei 20 Grad. Eine entsprechende Herabsetzung der Lufttemperatur gilt auch für andere Arbeitsräume in öffentlichen Nichtwohngebäuden in Abhängigkeit des Grades körperlichen Anstrengung, die mit der Tätigkeit in diesen Räumen verbunden ist. Ausgenommen sind auch hier z.B. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.

2. Eigentümer von Wohngebäuden

Außerdem enthält die Verordnung eine Informationspflicht über Preissteigerungen. Diese Informationspflicht richtet sich zwar primär an Gas- und Wärmelieferanten, die bis zum 30. September 2022 Eigentümern von Wohngebäuden oder Eigentumswohnungen bzw. Endkunden in Wohneinheiten aufbereitete Energieinformationen zur Verfügung stellen müssen.

Aber auch Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen diese Informationen bis zum 31. Oktober 2022 an ihre Mieter weiterleiten und spezifische Angaben über den jeweiligen Verbrauch der Wohneinheit und die zu erwartenden Energiekosten bei unverändertem Energieverbrauch zur Verfügung stellen.

3. Unternehmen

Für Unternehmen sieht die Verordnung unter anderem folgende Maßnahmen vor:

  • Öffnungsbeschränkung von Ladentüren und Eingangssystemen im Einzelhandel,
  • Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanlagen und
  • Mindestwerte der Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten.

Von diesen Maßnahmen ist insbesondere der Einzelhandel betroffen. Einzelhandelsunternehmen müssen Türsystem so gestalten, dass die Ladentüren nicht dauerhaft geöffnet sind; Ausnahmen sind nur für Flucht- und Rettungswege vorgesehen, soweit dies technisch notwendig ist. Außerdem dürfen Werbeanlagen in der Zeit von 22 Uhr - 6 Uhr nicht beleuchtet werden, soweit dies nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist.

II. Mittelfristige Einsparmaßnahmen („EnSimiMaV“)

Die „Mittelfristenergieversorgungssicherungs­maßnahmenverordnung“ sieht für Gebäudeeigentümer und Unternehmen weitere (zwingende) Maßnahmen vor. Die Verordnung soll zum 1. Oktober 2022 in Kraft treten und bis zum 30. September 2024 gelten.

1. Unternehmen

Von besonderer Relevanz dürften die Umsetzungsmaßnahmen für Unternehmen sein, insbesondere die verpflichtende Umsetzung aller konkret identifizierten und als wirtschaftlich durchführbar bewerteten Energieeffizienzmaßnahmen.

Hiernach wird Unternehmen auferlegt, in Energieaudits sowie im Rahmen eines Energie- oder Umweltmanagementsystemen konkret identifizierte und als wirtschaftlich durchführbar bewertete Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz umzusetzen. Dabei sollen betroffene Unternehmen der Pflicht zur Umsetzung unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 18 Monaten nachkommen. Kurzfristige Maßnahmen, die hier in Frage kommen: Austausch von Beleuchtungen mit LED, Optimierungen von Arbeitsabläufen und technischer Systeme, z.B. Druckluftsystemen.

Angesichts der kurzen Umsetzungsfrist sollten Unternehmen frühzeitig prüfen, ob sie vom Anwendungsbereich der Umsetzungspflicht der Verordnung erfasst werden. Maßgeblich ist insoweit das Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G).

Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten die festgelegten Höchstwerte für die Lufttemperatur als Mindesttemperaturwerte.

2. Gebäudeeigentümer

Für Gebäudeeigentümer sieht die Verordnung insbesondere folgende Pflichten vor:

  • Prüfung von erdgasbetriebenen Heizungs- und Warmwasseranlagen,
  • Vornahme eines hydraulischen Abgleichs sowie weitere Heizungsoptimierung, und
  • Austausch bestimmter Heizungs- und Warmwasserpumpen.

Alle Eigentümer und Eigentümerinnen von Gebäuden mit Gasheizungen müssen in den nächsten zwei Jahren einen Heizungscheck durchführen. Insbesondere der Prüfung, ob die zum Betrieb einer Heizung einstellbaren technischen Parameter für den Betrieb der Heizung hinsichtlich der Energieeffizienz optimiert sind, kommt dabei besondere Bedeutung zu.

Weiter enthält die Verordnung Pflichten zum hydraulischen Abgleich von Gaszentralheizungssystemen und zum Austausch bestimmter Heizungspumpen.

Für die energierechtliche Beratung steht Ihnen unser Energierechts-Team (RA Urs Lepperdinger und RA Dr. Christoph Knapp) gerne zur Verfügung.